Spaß haben...und Ball werfen - von Maren Grote (Hundeverhalten verständlich erklärt)
Wir möchten, dass unsere Hunde das Leben genießen. Wir freuen uns, wenn unsere Tiere ausgelassen rennen und toben und einfach aus Spaß an der Freude umherspringen.
Nebenbei sieht es auch noch schön aus, so ein rennender Hund, die Muskeln, die Geschicklichkeit mit der er Haken schlägt, seine Lebendigkeit und Kraft.
Kein Wunder, dass es uns Menschen so sehr erfüllt dem Hund den Ball zu werfen und ihn zu bewundern, wie er virtuos hinterher springt und ihn fängt.
Seine Inbrunst und Beständigkeit erfüllt uns mit Stolz.
Leider ist das Hinterherjagen hinter einem Ball oder Stock für den Hund weniger gesund und hat viel weniger mit Glück und Zufriedenheit zu tun, als wir denken.
Klar, manch ein Hund rennt immer mal einem Gegenstand hinterher und es gibt niemals Probleme.
Viele Hunde rennen zwar schon in einer Art Manie dem runden Gummiteil nach, die schon etwas krankhaftes, suchtbelastetes hat und trotzdem können sie ansonsten ein normales Leben leben.
Und dann gibt es noch die Anderen.
Die trifft man als Hundetrainer*in leider häufiger als einem lieb wäre. Es sind die Verrückten, oder besser: die verrückt gemachten.
Wie im Wahn laufen sie dem Ball hinterher, koste es was es wolle. In ein unbekanntes Gewässer springen, nur um den geliebten Ball zu erwischen und dann verzweifelt an der zu steilen Uferkante versuchen wieder aus dem Wasser zu kommen, nach Luft ringend, aber trotzdem den Ball hustend mit den Zähnen umklammernd.
Gegen Bänke und Bäume rennend, andere Hunde oder Menschen über den Haufen bretternd, beim Versuch das Suchtmittel zu erreichen.
Aus dem Fenstern springen, ohne zu wissen, wie tief es dahinter herunter geht, an allem und jedem vorbei laufen, jeden Sozialkontakt links liegen lassen, so lange man das Objekt der Begierde mit überquellenden Augen anstarren kann.
Das ist kein Spaß.
Es macht keine Freude nicht anders zu können, als hinterher zu rennen.
Es macht nicht glücklich Drogen zu konsumieren, es macht nur unglücklich sie nicht mehr zu konsumieren.
Wer nicht mehr Herr seiner Sinne ist, sein Leben lachend für einen nicht fressbaren 2,50 Euro teuren Gegenstand hergeben würde, der liebt seinen Ball nicht, der ist süchtig.
Und da hört es auf.
Verzweifelte Hundetrainer*innen reden sich den Mund fusselig. Keiner will es hören.
Dauerhaft aufgedrehte Hunde, auf dem Spaziergang in ständiger Lauerstellung, aufgeregt und angespannt.
Beißereien unter Hunden für einen Stock. Schwere Verletzungen und Tierarztbesuche, weil Frauchen dachte, er müsse „Spaß haben“.
Wie unnötig.
Kein Hund braucht einen Ball um glücklich, ausgelastet und erst recht nicht um geistig gefordert zu sein. Nichts für den Hund Geworfenes ist notwendig.
Oft führt es aber zu Leid, zu überdrehten, daueraufgeregten Hunden, Ungehorsamkeit und Enthemmung, zu Streit und schlimmstenfalls zu Suchtverhalten mit all seinen negativen Auswirkungen.
Wozu also das Risiko?
Wozu ausprobieren, ob es gut geht, wenn das das mögliche Resultat ist?
Ein Suchtverhalten ist furchtbar anstrengend, nimmt den Fokus von allem Erfreulichen, allem was zum Leben gehört und lässt nur noch einen Gedanken zu.
Dem Hund den Ball zu entziehen kann regelrechte Entzugserscheinungen auslösen. Schlafstörungen, Aggression, selbstzerstörerische Handlungen, wie das Aufbeißen der Pfoten, völlige, soziale Inkompetenz, Fressstörungen, extreme Stresssymptome und vieles mehr.
Manchmal über Wochen.
Oft zeigen die betroffenen Hunde dieses Verhalten bereits nach wenigen Stunden nach dem „Konsum“ zu Hause. Der Besitzer hält das schlimmstenfalls dann noch für ein Zeichen, dass der Hund mehr ausgelastet werden müsste und macht noch mehr Bewegungsreiz Spielchen, vielleicht sogar noch im Haus, was die Situation immer mehr verschlimmert.
Selbst nicht so schlimm betroffene Hunde können durch die ständige Enthemmung des Hetzens eine allgemein verschlechterte Impulskontrolle entwickeln. Was in allen Momenten, in denen der Hund sich zurückhalten muss negative Auswirkungen hat.
Was geübt wird klappt besser, als das, was nicht geübt wird.
Ganz einfache Rechnung.
Dreimal am Tag Enthemmung üben durch kopfloses Hetzen, gegen einmal die Woche in der Hundeschule Impulskontrolle und Zurückhaltung üben. Was soll der arme Hund denn da lernen können?
Viel schwerer kann ich es ihm nicht machen sich in Mäßigung zu üben.
Je jünger der Hund, desto größer die Gefahr.
Dazu kommt, dass sich ein ausgeprägteres und vor allem fehlgeleitetes Jagdverhalten entwickeln kann.
Also den Spaß am Jagen, so wie das Jagen des Balls, auf andere Gegenstände, oder sogar Lebewesen übertragen.
Radfahrer, kreischende Kinder, kleine Hunde. Auf einmal öffnet sich der jagdlich motivierte Horizont der Hunde, durch die ständige Wiederholung des Hetzens.
Denn der Ball, oder Stock wird gehetzt. Es ist kein Spiel, es ist Jagdverhalten, was da geübt wird.
Und wer viel übt und merkt, dass die gleichen berauschenden Gefühle ausgelöst werden, egal ob man nun ein Kaninchen, einen Ball, oder ein Kleinkind jagt, der wird eventuell zu einer Gefahr.
Ja, das muss nicht so kommen. Aber es kann.
Und alleine das sollte Grund genug sein es zu lassen, dem Hund Bälle und andere Dinge zu werfen, denn wozu?
Der Hund kann in so vielen Momenten rennen, spielen, toben, wenn er es will.
Man kann so viele Möglichkeiten nutzen ihn körperlich zu fordern und zwar gesund und gelenkschonend und auch gehirnschonend.
Wenn es wirklich nur um den Spaß am rennen gehen würde, dann würde doch der Hund auch ohne Ball gerne rennen und kann das doch auch.
An der Leine am, Fahrrad, falls er wegläuft, beim Joggen, beim Spazieren gehen, beim Treffen mit anderen Hunden, im Garten. So viele Möglichkeiten Spaß zu haben ohne das Risiko ein zu gehen den Hund aus versehen verrückt zu machen.
Viel Spaß also, bei einem ganz normalen Spaziergang und dem Entdecken der Welt!
Dieser Text darf gerne geteilt werden, alle Rechte verbleiben aber bei der Autorin Maren Grote
Foto | pixabay
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